»Der Krieg ist ein Verbrechen an der Menschheit. Ich bin daher entschlossen, keine Art von Krieg zu unterstützen und an der Beseitigung aller Kriegsursachen mitzuarbeiten.«
Aus der Grundsatzerklärung der DFG-VK (Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstgegner:innen)
13. Juni 2023: Die UNO - Eine Brücke zum Frieden in der Ukraine und weltweit – Was
braucht es?
Vortrag und Diskussion mit Hans-Christof von Sponeck
19.00 Uhr, Mühlheimer Platz 1 (VHS), Bonn
Der Krieg in der Ukraine führt einmal mehr vor, wie wichtig eine funktionierende UNO sein könnte. Ihre scheinbare Dysfunktionalität als friedenserhaltende Instanz heizt Debatten um ihre Reform an. Dabei
divergieren die Vorstellungen, wie eine Reform aussehen könnte: in den westlichen Industrieländern wird hierzu an eine andere Reform gedacht, als in den Schwellenländern oder aber auch in den Entwicklungsländern im
Süden. Der Vortrag will nicht nur kritisch beleuchten, mit welchem Perpektive man jeweils auf die UNO als Akteur in Konflikten blickt, sondern will auch konkret fragen, welche Änderungen notwendig sind, um
effektiv bewaffnete Konflikte zu verhindern.
Der Krieg in der Ukraine dient als Ausgangspunkt unserer Debatte, es soll aber auch deutlich werden, dass die UN-Reform schon länger gefordert wird. Die Defizite der UNO sind nicht erst mit dem russischen
Angriffskrieg aufgetreten.
Mit Hans-Christof von Sponeck haben wir einen Referenten gewinnen können, der selbst lange Jahre in der UNO gearbeitet hat und sich kritisch mit ihrem Wirken zuletzt vor allem im Bezug zum arabischen Raum
auseinander gesetzt hat. Als Fachmann für Entwicklungspolitik setzt er sich seit Jahren auch mit der Frage auseinander, welche Voraussetzungen geschaffen werden müssen, damit multilateral geführte
Friedensverhandlungen zustande kommen und erfolgreich geführt werden können. Als Ehrendoktor der Universität Marburg ist er eng mit der deutschen Friedens- und Konfliktforschung verbunden und Träger zahlreicher Friedensauszeichnungen.
Der Eintritt zur Veranstaltung ist frei – um Spenden wird gebeten.
Die Veranstaltung des Friedensforums Bonn wird unterstützt von der
DFG-VK Gruppe Bonn-Rhein-Sieg und dem Netzwerk Friedenskooperative.
Kriegsdienstverweigerung und Desertion
Wir haben deswegen sowohl an das russische Generalkonsulat (in Bonn) wie an das ukrainische Generalkonsulat (in Düsseldorf) Briefe zum Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung geschrieben, nachdem Presseberichte Verletzungen dieses Rechtes auf beiden Seiten aufgezeigt haben.
Bisher gibt es von beiden keine Antwort.
Nicht nur Russland, Belarus und die überfallene Ukraine missachten die Menschenrechte von Kriegsdienstverweigerern, wie hier dargestellt:
Illegale Inhaftierung von KDVern in von Russland kontrollierten ukrainischen Gebieten,
Belarus (englisch),
Ukraine (englisch).
EBCO-Präsidentin Alexia Tsouni ist es gelungen, den zu einem Jahr Gefängnis verurteilten Verweigerer Vitali Alekseenko im Gefängnis zu besuchen. Sie brachte dem 46jährigen evangelischen Christen eine Reihe von Solidaritätspostkarten mit, versicherte ihm internationale Unterstützung und forderte seine bedingungslose Freilassung. Der Oberste Gerichtshof hat eine Berufungsverhandlung für den 25. Mai angesetzt. Eine zwischenzeitliche Freilassung lehnte das Gericht ab: Ukraine 2 (englisch).
Auch Deutschland fällt ihnen in den Rücken:
Bundesamt für Migration lehnt Asyl für russischen Verweigerer ab!
Für russische und ukrainische Kriegsverweigerer gibt es eine Online-Petition von Connection, die man auch auf der Seite des Landesverbandes > Petition unterzeichnen kann.
Und hier geht es zur Rede eines ukrainischen Pazifisten zur Lage: „Die Menschheit/Menschlichkeit steht auf dem Spiel“
Zum Stand zur Kriegsdienstverweigerung in der Ukraine ist folgender Bericht aufschlussreich:
Auch dank umfangreicher internationaler Unterstützung (Einzelheiten siehe unten in Vitalys Erklärung) hat der Kassationshof (Gericht, welches Entscheidungen unterer Instanzen aufheben und zur erneuten Entscheidung
an diese zurückverweisen kann) beim Obersten Gerichtshof in Kiew am 25. Mai die Verurteilung von Vitaly Alekseenko (er nahm an der Verhandlung digital vom Gefängnis aus teil) zu einem Jahr Gefängnis aufgehoben.
Seine unverzügliche Freilassung angeordnet und den Fall an das Ursprungsgericht zurück verwiesen. Derek Brett nahm für EBCO als Beobachter teil. Zuvor hatte er gemeinsam mit Foivos Iatrellis(Amnesty International,
Mitglied der griechischen Nationalen Menschenrechtskommission), Prof. Nicola Canestrini (Anwalt) und Yurii Sheliazhenko (Dr. jur., Generalsekretär der Ukrainischen Pazifistischen Bewegung) einen amicus curiae-Schriftsatz
(Schriftsatz an ein Gericht, in dem eine am Verfahren nicht selbst beteiligte Person oder Organisation rechtliche Argumente und eine Handlungsempfehlung für einen vor Gericht ausgetragenen Fall darlegen kann) eingereicht,
der vom Gericht berücksichtigt wurde.
Derek Brett nahm am 22. Mai auch an der Verhandlung im Fall von Andrii Vyshnevetsky teil, der ungeachtet seiner Verweigerungserklärung in einer militärischen Einheit im Frontgebiet festgehalten wird. Die Klage richtet sich
gegen Präsident Selensky und verlangt ein ordentliches Verfahren zur Entlassung aus dem Militär. Das Oberste Gericht gestattete der Ukrainischen Pazifistischen Bewegung, der Klage als dritte Partei beizutreten. Die nächste
Verhandlung ist für den 26. Juni festgesetzt.
Es folgt in deutscher Übersetzung die Erklärung von Vitaly Alekseenko nach seiner Freilassung:
"Als ich aus dem Gefängnis entlassen wurde, wollte ich "Halleluja" schreien. - schließlich ist der Herrgott da und lässt seine Kinder nicht im Stich. Am Vorabend meiner Entlassung wurde ich nach Iwano-Frankiwsk eskortiert,
aber sie hatten keine Zeit, mich zum Gericht in Kiew zu bringen. Nach meiner Freilassung gaben sie mir meine Sachen zurück. Ich hatte kein Geld, also musste ich zu Fuß zu meiner Herberge gehen. Auf dem Weg dorthin half mir meine
Bekannte, die Rentnerin Natalya, und ich bin ihr dankbar für ihre Fürsorge, ihre Pakete und ihre Besuche im Gefängnis. Sie ist ebenfalls eine Binnenvertriebene, nur komme ich aus Sloviansk und sie aus Druschkiwka. Während ich meine
Tasche trug, wurde ich müde. Außerdem gab es einen Luftangriff wegen der russischen Angriffe. Wegen des Luftangriffs konnte ich die ganze Nacht nicht schlafen, aber nach dem Alarm gelang es mir, zwei Stunden lang zu schlafen.
Dann habe ich einen Strafvollzugsbeamten aufgesucht, der mir meinen Pass und mein Mobiltelefon zurückgegeben hat. Heute und am Wochenende werde ich mich ausruhen und beten, und ab Montag werde ich mich nach einem Job umsehen.
Ich möchte auch zu Gerichtsverhandlungen von Kriegsdienstverweigerern gehen und sie unterstützen, insbesondere möchte ich an der Berufungsverhandlung im Fall von Mykhailo Yavorsky teilnehmen. Und ganz allgemein möchte ich den
Verweigerern helfen, und wenn jemand inhaftiert ist, möchte ich ihn besuchen und ihm Geschenke bringen. Da der Oberste Gerichtshof die Wiederaufnahme meines Verfahrens angeordnet hat, werde ich auch um einen Freispruch bitten.
Vielen Dank an alle, die mich unterstützt haben. Ich bin all denen dankbar, die dem Gericht Briefe geschrieben und mir Postkarten geschenkt haben. Ich danke den Journalisten, insbesondere Felix Corley vom Forum 18 News Service
in Norwegen, die die Situation nicht ignoriert haben, dass ein Mann ins Gefängnis gesteckt wurde, weil er sich weigerte zu töten. Ich danke auch den Mitgliedern des Europäischen Parlaments Dietmar Köster, Udo Bullmann, Clare Daly
und Mick Wallace sowie dem EBCO-Vizepräsidenten Sam Biesemans und allen anderen Menschenrechtsverteidigern, die meine Freilassung und die Reform der ukrainischen Gesetzgebung gefordert haben, damit das Recht eines jeden Menschen,
das Töten zu verweigern, geschützt wird, damit Menschen nicht im Gefängnis sitzen, weil sie dem Gebot Gottes "Du sollst nicht töten" treu sind. Ich möchte dem Anwalt der freien Rechtshilfe Mykhailo Oleynyash für seine professionelle
Verteidigung danken, insbesondere für seine Rede vor dem Obersten Gerichtshof und seine Hartnäckigkeit, als er das Gericht aufforderte, den Amicus-Curiae-Schriftsatz internationaler Experten bezüglich des Rechts auf
Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen zu berücksichtigen. Ich danke den Verfassern dieses Amicus-Curiae-Schriftsatzes, Herrn Derek Brett aus der Schweiz, Herrn Foivos Iatrellis aus Griechenland, Professor Nicola Canestrini
aus Italien und vor allem Yurii Sheliazhenko von der ukrainischen pazifistischen Bewegung, der mir die ganze Zeit geholfen hat, meine Rechte zu verteidigen. Mein besonderer Dank gilt dem EBCO-Delegierten Derek Brett, der als
internationaler Beobachter zur Gerichtsverhandlung nach Kiew kam. Ich weiß immer noch nicht, was in dem Urteil des Obersten Gerichtshofs steht, aber ich danke den ehrenwerten Richtern dafür, dass sie mich wenigstens auf freien Fuß
gesetzt haben.
Ich bin auch der EBCO-Präsidentin Alexia Tsouni dankbar, dass sie mich im Gefängnis besucht hat. Ich habe die Süßigkeiten, die sie mitgebracht hat, zu Ostern an die Jungen verteilt. Im Gefängnis sitzen viele Jungen zwischen 18 und 30
Jahren. Einige von ihnen werden wegen ihrer politischen Haltung inhaftiert, zum Beispiel wegen eines Beitrags in sozialen Netzwerken. Seltener ist es, dass jemand wie ich wegen seines christlichen Glaubens inhaftiert wird. Es gibt zwar
einen Mann, der offenbar wegen eines Konflikts mit einem Priester inhaftiert wurde, ich kenne die Einzelheiten nicht, aber das ist etwas ganz anderes als die Weigerung, Menschen zu töten. Die Menschen sollten in Frieden leben, sich
nicht streiten und kein Blut vergießen. Ich würde gerne etwas tun, damit der Krieg früher endet und es einen gerechten Frieden für alle gibt, damit niemand stirbt, leidet, im Gefängnis sitzt oder schlaflose Nächte bei Luftangriffen
verbringt wegen dieses grausamen und sinnlosen Krieges gegen alle Gebote Gottes. Aber ich weiß noch nicht, wie ich das machen soll. Ich weiß nur, dass es mehr Russen geben muss, die sich weigern, Ukrainer zu töten, die sich weigern,
den Krieg zu unterstützen und sich in irgendeiner Weise am Krieg zu beteiligen. Und das brauchen wir auch auf unserer Seite."